Samstag, 14. April 2012

Die erste Flugstunde!

Zuerst fing alles sehr vielversprechend an:
Mein Fluglehrer und Ausbildungsleiter des Luftsportvereins Lüneburg, Andreas, hatte mir am Dienstag geschrieben, dass wir diesen Samstag das erste Mal in die Luft gehen können.
Die Aufregung war natürlich groß, wie auch die Motivation, im Vorfeld die Theorie-Basics zu büffeln.
(Anstellwinkel, Flügelbeschaffenheit, Auftrieb, die drei Achsen, Steuerruder, ...)

Am Freitag die Ernüchterung:
Das Wetter sollte keinesfalls so gut werden, wie noch vor einigen Tagen vorhergesagt. Ausgang ungewiss, ich würde Samstagmorgen per SMS Bescheid bekommen.
Hier bekam ich das erste Mal einen praktischen Einblick, wie wetterabhängig das Fliegen ist.

Dann Samstagvormittag, kurz nach elf die SMS von Andreas:
"Bin um 12 zum Fliegen da."
Also ab ins Auto und los nach Lüneburg! Ich war dann auch zu früh da, im Gepäck ein Sammelsurium an Unterlagen, von denen ich nicht wusste welche heute benötigt werden.

Andreas kam kurz nach mir an. Wir besprachen Aufnahmeantrag und Formalitäten und gingen dann zum Hangar. Irgendein Spezi hatte seine Echo-Maschine (schweres Flugzeug) vor unseren UL-Flieger gestellt, was eigentlich nicht sein sollte. Also hin- und herhangariert und schließlich unser Flugzeug nach draußen geschoben. Schwer vorstellbar, dass ein Mann allein ein ausgewachsenes UL wie die Ikarus C42 ziehen und bewegen kann, aber es klappte erstaunlich leicht.

So sieht sie aus, die Ikarus C42 mit 80 PS Rotax 4-Takter, Bj. 2007, Leergewicht ca. 270 kg:


Vor dem Start führten wir einen Check am Flugzeug durch. Zuerst den Ölstand, der erst durch mehrfaches manuelles Drehen des Propellers korrekt messbar war, dazu Verstrebungen, Schrauben, Flächen, fixe Trimmruder, Tank, Cowling ("Motorhaube") und noch einiges mehr.
Als alles für einwandfrei befunden wurde, setzten wir uns ins Flugzeug. Ich links auf den Pilotensitz, Andreas rechts von mir. Beim Hineinsetzen merkte man, dass es sich hier nicht um ein ausgewachsenes Flugzeug handelte. Es ging aber alles problemlos, sofern man berücksichtigte, welcher Handgriff in welcher Reihenfolge zu erledigen ist.

Anschließend folgte eine Einweisung in die Instrumentierung und Technik der C42:
(Schlicht und übersichtlich, verglichen mit dem Cockpit einer Cessna 172)


Anzeigen von links nach rechts: Steigrate, Fahrt (Geschwindigkeit), Drehzahl, Wendezeiger, Höhe, Magnetkompass, Treibstoff/Flugstunden, Öldruck bzw. -temperatur, Zylinderkopftemperatur.
Schalter: Start, Zündung 1+2, Benzinpumpe, Signallichter. Unten Choke, Funk und Transponder.
Am mittigen Steuerknüppel befindet sich die Bremse inkl. Feststellbremse.
Mittig oben (hier nicht zu sehen) gibt es noch eine manuelle Höhenrudertrimmung und Steuerung für die Landeklappen. Und natürlich das Rettungssystem, welches per Nothebel gezündet wird und einen Fallschirm aus dem Heck schießt. Gesprochen wird über Kopfhörer mit Lippenmikrofon.

Genug der Theorie, es sollte ja nun endlich losgehen..!
Doch zunächst ging - nichts. Bis auf das Jaulen der Zündung war nichts zu machen, der Propeller drehte sich zwar ruckartig bei jedem Zündversuch, aber der Motor blieb ansonsten stumm.
Nach mehreren erfolglosen Anläufen wollte Andreas den Flug abbrechen und einen Techniker draufschauen lassen. Ein entnervter letzter Versuch brachte dann den Erfolg - der Motor sprang mit einigen Fehlzündungen an. Offenbar war die Zündung durch zu viel Choke-Ziehen zu "nass" gewesen...

Andreas überließ mir die Aufgabe, zum Rollfeld zu fahren. Startbahn 07, eigentlich nur ein kurzes Stückchen über die Graspiste. Aber leichter gesagt, als getan: Den Schubregler mit der linken Hand justierend, die rechte Hand am Steuerknüppel, muss mit den Füßen (Seitenruder) gelenkt werden. Dabei überzog ich erst nach links, dann nach rechts, dazu nicht optimaler Schub (zu viel/zu wenig), weil einfach das Feingefühl fehlte.
Nach einigem Herumgeeier standen wir dann in Position. Andreas funkte den Tower an ("Delta Mike Lima Victor Lima, Piste 07, erbitten Starterlaubnis" - so ungefähr), der uns dann eine Info zum Wetter (großteils bewölkt, Windgeschwindigkeit X aus 60 Grad) und die Startfreigabe durchgab.

Den Start - Punkt 11:19 Uhr - übernahm Andreas, wobei ich mit Händen/Füßen jede Bewegung nachvollziehen konnte. Voller Schub auf ca. 5.000 Umdrehungen, dann Abheben nach nur 100-200 Metern Rollstrecke und anschließender Steigflug. Das Flugzeug ist so leicht, dass Beschleunigen und Abheben in unglaublich kurzer Zeit stattfand - so zumindest kam es mir vor.

Noch im Steigflug, wurde mir das Steuer übergeben, was mich kalt erwischte. Das ging in etwa so:
"Nun mach mal selbst - Geschwindigkeit und Lage im Auge behalten, Nase hoch, bis wir bei 2.000 Fuß sind, unserer heutigen Flughöhe."
Gesagt, getan - den Steuerknüppel nach hinten und Höhe gewonnen.
Bei 2.000 Fuß angekommen, ging es gleich ans Kurvenfliegen. Dabei lernte ich, dass mit dem Querruder (Steuerknüppel links/rechts) und dem Seitenruder (Füße links/rechts) viel Finetuning erforderlich ist, um einigermaßen sauber in die Kurve und wieder hinaus zu kommen.

Das war dann auch der Hauptinhalt der anschließenden Zeit: Es auf die Reihe zu kriegen, alle Instrumente im Einklang zu halten. Beispiele gefällig? Die Geschwindigkeit sinkt bei Steigflug, also Schub erhöhen. Bei Erreichen der vorgegebenen Flughöhe geht's in den Horizontalflug, also Schub wieder wegnehmen und Umdrehungszahl halten. Zieht die Nase hoch oder runter, mit der Höhentrimmung gegensteuern. Bei Kurvenflug oder Seitenwind mit Seitenruder ausgleichen, dabei das Querruder sehr feinfühlig anfassen und Gegensteuern nicht vergessen.
Multitasking, wie es im Lehrbuch steht. Zu meiner eigenen Überraschung fühlte ich mich damit keinesfalls überfordert, einzig der entspannte Blick in die Landschaft blieb mir zunächst verwehrt.

Zwischendurch unterhielt ich mich mit Andreas und versuchte, nicht allzu krampfhaft auf die Instrumente zu starren. Das ging dann auch mit einer logischen Ansage einher:
Mindestens so wichtig wie die Instrumente ist das, was um's Flugzeug herum geschieht. Segelflieger, Vogelschwärme, Wolkendecke, Regenfront (hatten wir zeitweise vor uns) stellen Gefahren dar, denen man vorausschauend begegnen muss.
Zur Navigation sollte man sich zudem Objekte am Boden suchen, anhand derer eine Orientierung möglich ist - so flogen wir entfernt gelegene Windräder an, den Fernsehturm von Lüneburg, die Stadt Lauenburg, erneut Windräder und irgendwann rechts entlang einer Bahnstrecke.

All das machte mittlerweile großen Spaß, und ich schaute mehr raus, als dass ich noch mit den Augen an den Instrumenten klebte. Als kleine mir auferlegte Herausforderung umflog ich eine Ansammlung von Windrädern, erst linksherum, dann rechtsherum. Das alles klappte erstaunlich gut, was mir Andreas so auch bestätigte und erheblich zum "Pilotenstolz" der ersten Flugstunde beitrug. :-)

Auf dem Rückflug dann wurde das Wetter immer schlechter: Zugezogene Wolkendecke, dunkle Wolken und erste Regentropfen, dazu böiger Wind und eine Regensäule unterhalb schwarzer Wolken in weiter Entfernung. Ein wagemutiger Segelflieger trieb sich einige hundert Fuß über uns unterhalb der Wolkendecke herum, war aber zu weit entfernt, um uns in die Quere zu kommen.
Nach einer Gesamtflugzeit von einer knappen Stunde befanden wir uns wieder über Lüneburg. Ich hangelte mich entlang der B4 (Stadtautobahn), bog an einem Kreuz links ab (was etwas von Autofahren hatte), und reduzierte kurz darauf die Geschwindigkeit von zuvor 140 auf dann noch 100 km/h, um den Landeanflug einzuleiten.

Flugplatz Lüneburg (EDHG)

Höhe des Lüneburger Bahnhofs befanden wir uns noch auf ca. 1.000 Fuß bei 100 km/h, dabei waren die Landeklappen bereits zur Hälfte ausgefahren. Jetzt hieß es: Ausgleichen mit dem Höhenruder (Knüppel runter), da durch die Landeklappen sofort die Nase hochging und die Geschwindigkeit deutlich runterging, was schlimmstenfalls zum "Durchsacken" (Herunterfallen) führt.
Nach einer Rechtskurve waren Rollfeld und Rollbahnmarkierungen schon in Sicht. Richtigen Punkt angesteuert, Landeklappen voll raus, Sinkflug, und kurz vorher den Motor in Leerlauf. Dazu Nase hochziehen, damit man hinten zuerst aufsetzt. Weiche Landung, Nase weiterhin hochgezogen, und mit etwas Bremsen ins Ausrollen übergangen - das war's!
Allerdings noch nicht ganz, ich durfte noch Richtung Vereinsgebäude rollen und das Flugzeug hinter einer Echo-Maschine abstellen. Dieses Mal klappte es mit dem "Lenken" am Boden erstaunlich gut, ganz im Gegensatz zum eierigen Start.

Was mir Andreas erst dann sagte: "Ich habe bei der Landung praktisch nichts gemacht, Du bist nach Anweisung selbst gelandet, ich hatte nur die Hände und Füße mit dran."

Nach dem Aussteigen merkte ich erst, unter welcher Anspannung ich zuvor gestanden hatte. Der Adrenalinpegel ging auf einen Schlag runter, und ich war mehr als erstaunt, dass wir tatsächlich nur eine gute Stunde geflogen waren. Das Zeitgefühl war bei mir völlig auf der Strecke geblieben.

Mein Fazit?
Ein - trotz dieses Textes - eigentlich unbeschreibliches Erlebnis, welches ich mir in der Theorie oft genug ausgemalt hatte, und in der Praxis dann doch ganz anders ausfiel.
Ich habe noch die Worte meiner Frau im Ohr: "WAS? Du darfst da gleich zu Beginn der Ausbildung schon selbst ans Steuer? Ist das nicht viel zu gefährlich?" - die Antwort lautet: NEIN! Außerdem macht es viel zu viel Spaß! :-D

Weiter geht es voraussichtlich schon nächstes Wochenende, wenn Andreas entsprechend Zeit hat. Dann vielleicht sogar Samstag und Sonntag. Daumen drücken! :-)

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